Chronik

Die Chronik zum Text “Gefährder-Leaks: Konstruktionen des LKA Berlin am Beispiel der Rigaer Straße”.

28. Juni 2011

Im Dachboden der Justus-von-Liebig Grundschule werden, vom LKA versteckte, Kameras angebracht, um die Rigaer94 und angrenzende Häuser zu überwachen.

19. Januar 2012

Die massenhafte Funkzellenabfrage im Friedrichshainer Nordkiez wird bekannt.

23. Januar 2012

Innensenator Frank Henkel gerät im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses wegen der illegalen Videoüberwachung unter Druck.

29. Januar 2012

Die Kadterschmiede wird von Hundertschaften der Polizei gestürmt, um eine Party zu beenden. Es werden Ermittlungen gegen alle registrierten Personen wegen versuchtem Totschlag eingeleitet.

19. Juli 2012

In Hamburg wird Marcel Göbel festgenommen. Er belastet in Vernehmungen durch extra angereiste Beamt*innen des Berliner LKA einige vermeintliche Gäste und Bewohner*innen der Rigaer94 / Kadterschmiede. Seine Phantasien sind seither Bestandteil des Verfassungsschutzberichtes.

19. März 2013

Im Treptower Park werden sechs Menschen von Zivilbeamten kontrolliert, darunter Ulli und Pete. Es wird ein Vermerk geschrieben, dass „Hinreichende Anhaltspunkte zur Einleitung eines Strafverfahrens/ von strafprozessualen Maßnahmen nicht vorlagen“. Trotzdem sollen diese Personen einen Brandanschlag auf das Bezirksamt oder das Polizeigebäude in der Bulgarischen Straße geplant haben, weil einer von ihnen Jahre zuvor dort inhaftiert wurde.

2. Mai 2013

In Berlin kommt es zu Angriffen auf Jobcenter. Kim wird verhaftet. Ihr Umfeld wird durch TKÜ- Maßnahmen ausgeforscht. Vor dem Wohnort und später auch vor der Rigaer94 wird verdeckte Videoüberwachung in Fahrzeugen installiert, bzw. werden Observationsbeamte eingesetzt.

7. Juni 2013

Am Kottbusser Tor in Kreuzberg wird ein Mannschaftswagen der Polizei angegriffen. Später werden in der weiteren Umgebung zwei Menschen festgenommen und am nächsten Tag freigelassen. Tatvorwurf: Versuchter Mord. Einer von ihnen, Alex, soll in der Rigaer 94 wohnen. Im Zuge der Ermittlungen werden die Verbindungsdaten mehrerer hundert Menschen in Kreuzberg und Friedrichshain überprüft.

8. Juni 2013

Kontrolle in Kreuzberg, darunter Ulli, weil er/sie mit der am Vortag festgenommen Person, Alex, zusammensteht. Es werden Kleidungsstücke von ihnen beschlagnahmt und auf DNA untersucht.

14. August 2013

Hundertschaften stürmen die Rigaer94, um einen Durchsuchungsbeschluss wegen den vorher genannten Angriffen auf Jobcenter und Bullen zu vollstrecken.

Oktober 2013

Die Durchsuchungen vom 14. August, auch in der Rigaer 94, waren rechtswidrig, stellt das Landgericht fest.

2014

Einige der in den bisherigen Verfahren beschuldigten Personen stellen Anfragen an das Berliner LKA und den VS, um Auskunft über gespeicherte Daten zu bekommen. Bis heute wird die Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten in Teilen verweigert. Dagegen laufen Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Bekannt geworden ist: Alle zu dem Konstrukt „Rigaer94 / militante Linksextremisten“ gespeicherten Personen sind zur Meldefahndung bzw. beobachtenden Fahndung ausgeschrieben. In der Datei „Gewalttäter Links“ werden die Betreffenden deshalb zu dem Delikt „gefährliche Körperverletzung“ geführt, mit dem Zusatz: „Fiktives Delikt, da Ausschreibung sonst technisch nicht möglich“.

Durch eine undichte Stelle im Sicherheitsapparat wird bekannt, dass Ulli als „Gefährder*in“ in den polizeilichen Informationssystemen gespeichert ist und weitere Personen, darunter Pete, als „Relevante Person – Kontaktperson zu einem Gefährder“. Gegen alle Betroffenen läuft mindestens seit 2013 ein umfangreiches Programm zur Observation und technischen Überwachung, welche auf Grundlage des ASOG veranlasst werden und damit keiner richterlichen Kontrolle unterliegen.

20. August 2014

Durchsuchung der Wohnung von Ulli wegen des Kotti-Verfahrens und zur zwanghaften DNA-Entnahme.

4. September 2014

Pete wird erstmals zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben.

3. Mai 2015

Die polizeiliche Ausschreibung von Pete wird ab jetzt jährlich verlängert und beinhaltet verdeckte Maßnahmen wie „längerfristige Observationen“.

6. bis 12. Juli 2015

Die Lange Woche der Rigaer Straße führt zu Repression und Widerstand.

12. September 2015

Begleitet vom PMS ziehen 40 Nazis als Sponti durch die Rigaer Straße.

9. Oktober 2015

Brandanschlag auf die Liebig34.

6. November 2015

Auf dem Abschnitt 51 treffen sich Polizeidirektor Krömer und Bullen von LKA und dem Abschnitt, darunter Andreas Weiß, mit Schröer von der Hausverwaltung Belima und Rechtsanwalt Tessmer, um ein gemeinsames Vorgehen gegen die Rigaer94 zu beraten. (Quelle: ZAD Dorfplatz #5)

November 2015

Bekanntgabe des Gefahrengebiets Nordkiez/Rigaer Straße durch die Polizei. Bislang sind alle Verfahren gegen Personen des Konstruktes “Rigaer Straße/ militante Linksextremisten” vor den Gerichten mit Freisprüchen und Einstellungen zu Ende gegangen.

13. Januar 2016

Wegen eines angeblichen Angriffs auf einen Streifenbullen, wird gemäß eines vorher aufgestellten Plans die Rigaer94 gestürmt und durchsucht. Zum ersten Mal wird der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass zukünftig das ASOG die Strafprozessordnung ersetzen wird, für Hausdurchsuchungen keine richterlichen Beschlüsse mehr notwendig sind. Es handle sich nur um Begehungen zur Gefahrenabwehr.

14. bis 18. Januar 2016

Ein weiteres Mal dringen Hundertschaften in die Rigaer94 ein und durchkämmen außerdem auch etliche Häuser und Dächer der Umgebung.

9. Februar 2016

Der Polizeibeamte Andreas Weiß fragt in einer E-mail den Justitiar Oliver Tölle an, wie ein Angriff auf die Rigaer94 rechtlich abzusichern sei. (Quelle: ZAD Dorfplatz #5)

21. Februar 2016

Nachdem der SPD „Innenexperte“ Tom Schreiber mehrfach über Twitter zum „Filetieren“ linker Projekte in der Rigaer Straße aufgerufen hat, betritt ein bekannter Nazi das Abstand in der Rigaer 78. Als er rausgeschmissen wird, stürmt die Polizei das Lokal.

20. Mai 2016

Ein weiteres Treffen auf dem Abschnitt 51 zwischen Polizeiführern und Vertretern einer Briefkastenfirma findet statt, um den Angriff auf die Rigaer94 vorzubereiten. (Quelle: ZAD Dorfplatz #5)

15. Juni 2016

Frank Henkel lässt die Observationsmaßnahmen des MEK beim “islamistischen Gefährder” Anis Amri abbrechen. Alle verfügbaren MEK Beamt*innen werden zur Vorbereitung des Überfalls auf die “linksextremistsichen Gefährder” der Rigaer 94 gebraucht, der eine Woche später geplant ist. (Quelle: Öffentlicher Untersuchungsausschuss zum Breidscheidtplatz Anschlag)

22. Juni 2016

Hundertschaften der Polizei greifen die Rigaer94 an. Unter ihrem Kommando ist ein Trupp Bauarbeiter zur Räumung und zum Umbau der Kadterschmiede, Dachgeschoss und anderen Räumen. Sie nisten sich zusammen mit einem Sicherheitsdienst für drei Wochen im und vor dem Haus ein.

4. Juli 2016

Ein Nazi-Blog veröffentlicht Daten von Personen, die von der Polizei im Zusammenhang mit der Rigaer94 festgestellt wurden.

5. Juli 2016

MEK Beamte observieren in einem Park einige Menschen, darunter Pete, Joe, Kim und Andy, die sie dem Umfeld der Rigaer94 zurechnen und/oder als Linksextremisten in ihren Datensammlungen gespeichert haben. Später wird das LKA behaupten, dass sich diese Gruppe an einem Fahrradkorso für die Rigaer94 beteiligt hätte.

6. Juli 2016

Marcel Göbel wird in Lichtenberg verhaftet, als er Kleinwägen und einen besprühten Wohnwagen anzündet. Vor Gericht wird er aussagen, die Brände hätten „den Linken in die Schuhe geschoben“ werden sollen.

9. Juli 2016

Für uns ein starkes Zeichen der Solidarität, für die Bullen die „gewalttätigste Demo der letzten Jahre“, im Nordkiez knallt es richtig. Es folgen die Verfahren von Thunfisch und Aaron & Balu.

14. Juli 2016

Nach einem Gerichtsurteil über die Rechtswidrigkeit der Teilräumung der Rigaer94 müssen Bullen, Sicherheitsdienst und Bauarbeiter die Rigaer94 verlassen. Dieses Debakel führt später mit zur Wahlniederlage von Innensenator Henkel.

26. Oktober 2016

Der Staatsschutz durchsucht in Berlin und Leipzig 14 Objekte, wegen schwerem Landfriedensbruch beim Fahrradkorso vom 5. Juli. Betroffen von den Durchsuchungen sind auch Pete, Joe, Andy und Kim. Sie alle wurden bei dem o.g. Treffen in einem Park beobachtet, welches als Grundlage der Durchsuchung dient.

17. März 2017

Der Angestellte eines Outdoorladens glaubt einen Ladendiebstahl aufklären zu müssen und gibt Aufnahmen seiner Überwachungskamera an die Polizei. Standbilder daraus landen im Intranet der Polizei, wo sie Monate später von einem codierten szenekundigen Beamten mehreren Personen zugeordnet werden. Für den vermuteten Diebstahl eines Erste Hilfe Sets erklärt sich der Staatsschutz zuständig, da dieses angeblich dazu genutzt würde, die Rigaer94 zu unterstützen.

16. Juni 2017

In Friedrichshain wird Nero festgenommen unter dem Vorwurf einen Hubschrauber der Polizei geblendet zu haben. Am nächsten Tag wird er freigelassen.

22. Juni 2017

In Hamburg werden zwei Menschen aus Berlin, darunter Joe, in einem Fahrzeug verhaftet, ein in der Nähe geparkter Transporter mit Streugutkisten gilt als Grundlage. Der Transporter wird den beiden Menschen zugerechnet, da der/die Mieter*in vom Transporter Andy ist und diese*r durch das LKA als Kontakt/Bekannte Person von Joe, durch die o.g. Observation vom 5. Juli, geführt wird. Eine Präventivhaft gegen die beiden lehnt das Gericht vorerst ab, später werden aber gegen insgesamt vier Leute aus Berlin Meldeauflagen verhängt, darunter auch Pete und Andy. Im Revisionsverfahren wird gegen 3 Personen schlussendlich Präventivhaft verhängt. In Akten des LKA werden diese Personen dem Konstrukt „Linksextremisten um die Rigaer94“ zugerechnet. Außerdem wird der Paragraph 89a (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat) das erste mal in das Konstrukt mit eingeführt.

17. Juli 2017

Nero kommt in Untersuchungshaft.

10. November 2017

Wieder treffen sich die offiziell Verantwortlichen der R94 mit LKA 5 Mitarbeitern. Diesmal drängen die Bullen den Anwalt des Hauses Abmahnungen an alle Mieter*innen zu verschicken. Grund: Der angeblich illegale Einbau von Stahltüren im Hauseingang.

22. Dezember 2017

Die Berliner Polizei verschickt Drohbriefe an einige Betroffene ihres Konstruktes, darunter Ulli ,Alex, Joe und Pete, sowie andere aus den bislang hier aufgezählten Kontrollen und Ermittlungen.

14. Februar 2018

Die vier Menschen aus dem Hamburg Verfahren, darunter Pete, Andy und Joe erhalten Aufforderungen zur DNA Abgabe. Ende April werden daraus vollstreckbare DNA-Beschlüsse.

29. März 2018

Isa wird festgenommen.

Mai 2018

Bei dem Großteil der Leute des Fahrradkorso-Verfahrens wird das Verfahren eingestellt. Nicht aber ohne am Ende der Akte noch einmal das dazu entworfene Konstrukt zu stärken und darauf hinzuweisen, dass die Menschen “eine Gruppierung” sind.

9. Mai 2018

Das Kalabalik in der Reichenberger Straße und vier Wohnungen werden durchsucht. Betroffen sind auch Pete, Joe und Kim. Einer der o.g. DNA-Beschlüsse wird vollstreckt.

14. Mai 2018

Die Berufungsverhandlung im Rechtsstreit zur Räumung der Kadterschmiede findet statt. Die Briefkastenfirma, welche sich als Eigentümerin der R94 darstellt, kann ihre eigene Existenz nicht beweisen. Auch aus diesem Grund wird der Räumungstitel abgelehnt.